Leitfaden zur Famulatur

Durch die Famulatur sollen dem Studenten in unmittelbarer Begegnung mit der Praxis frühzeitig Tätigkeitsfelder gezeigt werden, die ihm mit der Approbation als Apotheker offenstehen. Damit wird durch eigenes Erleben die spätere Wahl des pharmazeutischen Berufsfeldes wesentlich erleichtert; Kenntnisse der beruflichen Situation verhindern Fehlentscheidungen in der Berufswahl, die zu Beginn des Studiums noch korrigiert werden können. Die persönliche Akzeptanz des späteren Berufsfeldes erhöht die Motivation und stellt pädagogisch wertvolle Bezüge zu den Inhalten des Pharmaziestudiums her.

 

1. Vorschriften der Approbationsordnung für die Durchführung der Famulatur

Die pharmazeutische Ausbildung besteht aus drei Teilen. Sie umfaßt das achtsemestrige Studium der Pharmazie an einer Universität, eine Famulatur von acht Wochen und die praktische Ausbildung von zwölf Monaten. In der Regel werden der erste Abschnitt der pharmazeutischen Prüfung nach vier Semestern, der zweite Abschnitt nach weiteren vier Semestern und der dritte Abschnitt nach der praktischen Ausbildung abgelegt.

 

Bei der Meldung zum ersten Abschnitt der pharmazeutischen Prüfung muß der Student den Nachweis - erstmalig ab 1. April 1992 - führen, daß er die von der Approbationsordnung vorgeschriebene Famulatur abgeleistet hat. Diese wird in den Semesterferien absolviert.

 

Die Famulatur muß mindestens vier Wochen in einer öffentlichen Apotheke, die keine Zweigapotheke ist, durchgeführt werden. Die übrige Zeit kann wahlweise in einer Krankenhaus- oder Bundeswehrapotheke, in der pharmazeutischen Industrie, einer Arzneimitteluntersuchungsstelle, einer entsprechenden Einrichtung der Bundeswehr oder auch in einer öffentlichen Apotheke abgeleistet werden. Zur Hälfte der vorgeschriebenen Zeit kann sie auch in einer vergleichbaren Einrichtung in einem EG-Mitgliedsstaat absolviert werden. Die Aufteilung der Famulatur in zwei Abschnitte zu je vier Wochen ist möglich, eine weitere Stückelung nicht gestattet. In jedem Fall muß sie ganztägig durchgeführt werden und unter Leitung eines Apothekers stehen. Eine Prüfung ist nicht vorgesehen.

 

Am Ende der Famulatur hat der verantwortliche Apotheker eine Bescheinigung über die Tätigkeit als Famulus nach Anlage 7 der Approbationsordnung für Apotheker auszustellen. Diese ist neben den anderen nach der Approbationsordnung vorgeschriebenen Ausbildungsnachweisen beider Meldung zum Ersten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung vorzulegen.

 

Apothekerassistenten (Vorexaminierten) oder Pharmazeutisch-technischen Assistenten wird die Ableistung der Famulatur erlassen. Dieser Personenkreis legt bei der Meldung zum Ersten Abschnitt der Phamazeutischen Prüfung den Nachweis über die bestandene pharmazeutische Vorprüfung nach der Approbationsordnung vom 8. Dezember 1934 bzw. die Erlaubnis zur Ausübung pharmazeutischer Tätigkeiten nach § 1 des Gesetzes über den Beruf des Pharmazeutisch-technischen Assistenten oder das Zeugnis über die bestandene Prüfung nach § 10 Abs. 3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Pharmazeutisch-technische Assistenten vor.

 

Personen, die den Antrag auf Zulassung zum Ersten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung vor dem 1. April 1992 stellen, müssen den Nachweis über die abgeleistete Famulatur nicht erbringen.

 

2. Die Vorbildung der Famuli

Die Vorbildung der Famuli wird sehr unterschiedlich sein, je nachdem zu welchem Zeitpunkt sie die Famulatur antreten. Anfangs dürften kaum Kenntnisse vorhanden sein. Je weiter der Famulus im Studium fortgeschritten ist, desto mehr Kenntnisse und Handfertigkeiten können vorausgesetzt werden. In jedem Fall empfiehlt sich ein Gespräch, das Aufschluß über den Kenntnisstand des Famulus gibt.

 

Im Ersten Ausbildungsabschnitt werden u. a. Vorlesungen in

  • anorganischer, organischer und pharmazeutischer Chemie,
  • anorganischer und organischer Analytik,
  • Morphologie, Anatomie und Histologie der Pflanzen,
  • Grundlagen der pharmazeutischen Biologie
  • Mikrobiologie und
  • Arzneiformenlehre

angeboten.

 

Praktika finden u. a. zur qualitativen und quantitativen anorganischen Analyse, instrumentellen Analytik und gegen Ende des Ersten Ausbildungsabschnittes zur Untersuchung von Drogen und Herstellung von Arzneimitteln statt. Außerdem wird u.a. ein Seminar pharmazeutische und medizinische Terminologie angeboten.

 

3. Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung für die Beschäftigung der Famuli

Nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 ApBetrO gehören Personen, die sich in der Ausbildung zum Apothekerberuf befinden, zum pharmazeutischen Personal. Danach darf auch ein Famulus pharmazeutische Tätigkeiten unter Aufsicht eines Apothekers ausführen, jedoch nur entsprechend seiner Ausbildung und nach seinen Kenntnissen beschäftigt werden. Da diese erheblich eingeschränkt bzw. überhaupt nicht vorhanden sind, ist der Famulus sorgfältig zu beaufsichtigen.

 

4. Arbeitsrechtliche Grundlagen

Der Famulus erhält weder ein Gehalt noch eine Ausbildungsbeihilfe. Er ist im Rahmen der jährlichen Meldung des Personals bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege mit dem seiner Arbeitszeit entsprechenden Faktor sowie in den meisten Bundesländern bei der zuständigen Apothekerkammer anzumelden. Abgaben an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte oder eine Krankenkasse sind in der Regel für die meisten Famuli nicht zu leisten.

 

Die Famulatur beginnt nach der Immatrikulation an einer Universität, also in den Semesterferien, der Student ist daher entweder freiwillig oder familienversichert. In diesem Fall sind Zahlungen an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und an die Arbeitslosenversicherung nicht zu leisten.

 

Der Famulus erhält keinen Urlaub. Die Famulatur kann während der Mutterschutzfristen nicht durchgeführt werden. Durch Krankheit versäumte Arbeitstage müssen nachgeholt werden.

 

Es empfiehlt sich der Abschluß eines schriftlichen Vertrages.

 

5. Inhalte der Famulatur

Die folgende Darstellung ist als Anregung zur Gestaltung der Famulatur zu betrachten.

 

5.1. Öffentliche oder Krankenhausapotheke

Laut Approbationsordnung soll der Famulus während der Famulatur mit den pharmazeutischen Tätigkeiten vertraut gemacht werden. Ungeachtet der Unterschiede in den Betriebsabläufen einer öffentlichen und einer Krankenhaus-Apotheke ergeben sich folgende gemeinsame Arbeitsbereiche.

 

5.1.1. Fertigarzneimittel, apothekenübliche Waren

Es empfiehlt sich, den Famulus einen Teil der Arbeitszeit im Aufgabenbereich des Apothekenhelfers mitarbeiten zu lassen. Auf diese Weise lernt er das Warenlager einer Apotheke und seine Ordnung kennen, mit Kärtchen-Systemen, Mikrofilm und der elektronischen Datenverarbeitung umgehen, Verfalldaten und die Temperaturempfindlichkeit der Arzneimnittel beachten, Retouren bearbeiten , Preisänderungen durchführen sowie Rechnungen bzw. Lieferscheine kontrollieren und ablegen. Darüber hinaus verhilft die ständige Beschäftigung mit den Fertigarzneimitteln zu einer groben Übersicht über ihre Einteilung nach Indikationen und den Darreichungsformen.

 

5.1.2. Arbeitsbereich Rezeptur - Defektur

Unter Aufsicht soll der Famulus lernen, mit den Gerätschaften zur Herstellung von Arzneimitteln umzugehen. Dazu gehören das Umfüllen, Abfassen und Kennzeichnen von Arzneimitteln, die Reinigung der Geräte und Standgefäße, die Erneuerung der Kenntnisse in Prozent- und Bruchrechnung sowie einfache Handfertigkeiten, wie Wiegen mit der Präzionswaage, Erwärmen mit und ohne Wasserbad, Mischen, Lösen, Filtrieren, Emulgieren und der Umgang mit der Salbenmühle.

 

Als geeignete Arzneimittel bieten sich Teemischungen, Salben oder Lösungen an, die sowohl in der Rezeptur als auch in der Defektur hergestellt werden können.

 

Dabei ist besonders auf sauberes und hygienisch einwandfreies Arbeiten zu achten.

 

In diesem Zusammenhang ist die Dokumentation der Herstellung nach ApBetrO durchzuführen. Im Rahmen rezepturmäßiger Herstellung lassen sich zwanglos die Gliederung des Kassenrezepts und die Art der Verschreibung von Fertigarzneimitteln bzw. Rezepturen mit ihrer besonderen Nomenklatur erläutern.^

 

5.1.3. Arzneimitteluntersuchung

Je nachdem, in welchem Semester sich der Famulus befindet, sind unter Aufsicht mehr oder weniger einfache Identitätsprüfungen von Chemikalien und Drogen oder, sofern ein Untersuchungszertifikat nicht vorhanden ist, auch Reinheits- und Gehaltsbestimmungen nach dem Arzneibuch oder Deutschen Arzneimittel-Codex durchzuführen. Die Untersuchungsergebnisse sind nach den Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung zu dokumentieren. Die Pflege und Reinigung der im Laboratorium vorhandenen Geräte gehören zur Unterweisung. Die organleptische Untersuchung der Fertigarzneimittel soll durchgeführt und dokumentiert werden.

 

5.1.4. Rechtsvorschriften

Es empfiehlt sich, dem Famulus eine allgemeine Einführung über die Rechtsvorschriften, die den Beruf des Apothekers und das Arzneimittel betreffen, zu geben. Er sollte die Möglichkeit haben, ausgewählte Gebiete aus der Apothekenbetriebsordnung, die zur Praxis Bezug haben, kennenzulernen. Die einschlägigen Rechtsvorschriften sind in der Apotheke vorhanden. Aufgabe der Famulatur kann nicht sein, den Famulus umfassend über die im Apotheken- und Arzneimittelrecht gültigen Vorschriften zu unterweisen.

 

5.1.5. Terminologie

Der Famulus sollte die Fachausdrücke für die Gerätschaften und die Arbeitsvorgänge der Apotheke kennenlernen. Sofern der Famulus Lateinunterricht auf der Schule nicht gehabt hat, sollte er sich darüber hinaus die Bildungsprinzipien altlateinischer und eurolateinischer Bezeichnungen, z.B. im "Dilg-Jüttner, Pharmazeutische Technologie", aneignen. Es empfiehlt sich, unter Aufsicht die Nomenklatur der in der Apotheke vorhandenen Standgefäße in Altlatein mit allen Endungen laut vorzulesen und sich anschließend über die eurolateinischen Bezeichnungen und ihre deutschen Namen im Synonymverzeichnis zu orientieren.

 

5.2. Pharmazeutische Industrie oder Arzneimtteluntersuchungsstellen

Sinn einer Famulatur in diesen Berufsfeldern kann nur sein, dem Famulus einen Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten zu verschaffen, die der zukünftige Apotheker hat. Je nach Größe des Betriebes werden die Anzahl der Abteilungen und ihr Gewicht unterschiedlich sein. Die folgende Aufzählung ist daher nur als Anregung zu verstehen, der Famulus solle jedoch möglichst in mehreren dieser Abteilungen Einblick und die Gelegenheit erhalten, sich im persönlichen Gespräch über die Tätigkeit anderer Abteilungen zu informieren.

 

5.2.1. Pharmazeutische Industrie

  • Galenische Entwicklung
  • Arzneimittelproduktion
  • Arzneimittelkonfektionierung
  • Analytische Entwicklung
  • Qualitätskontrolle in der Produktion
  • Präklinische Pharmaforschung
  • Pharmakologie/Pharmazeutische Chemie/Drug design
  • Klinische Prüfung
  • Vertrieb
  • Marktforschung
  • Marktmanagement
  • Produktvertrieb
  • Zentrale wissenschaftliche Dienste
  • Wissenschaftliche Dokumentation
  • Zulassung, Registrierung
  • Umweltschutz

 

5.2.2. Arzneimitteluntersuchungsstelle

  • Analytische Entwicklung
  • Qualitätskontrolle
  • Arzneistoffe
  • Drogen
  • Zubereitungen
  • Stabilitätsprüfung
  • Rückstandsanalytik
  • Rausch- und Suchtmittelanalytik

 

Formulare

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Vereinbarung über eine Famulatur
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Bescheinigung über die Tätigkeit als Famulus (PDF)
Famulus-Bescheinigung.pdf
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